Dr. Lina Herbst, Biomathematikerin und ehemalige Mentee im Doktorandinnen-Programm 2017, forscht als Postdoktorandin am Max-Planck-Institut (MPI) für Menschheitsgeschichte in Jena zur Evolution von Sprach-Netzwerken. Als Alumna des Doktorandinnen-Programms hatte sie 2020 Gelegenheit, an einem Webinar und Coaching zum Einwerben von Drittmitteln teilzunehmen und erhielt darin wertvolles Feedback zu ihrem Förderantrag bei der DFG.
Mit ihrem Projekt „Horizontaler Transfer sprachlicher Merkmale als integraler Teil der
Evolutionsgeschichte von Sprachfamilien – Phylogenetische Rekonstruktion von baumartigen Sprach-Netzwerken“ überzeugte sie nun die DFG und wird für insgesamt zwei Jahre aus dem Walter-Benjamin-Programm finanziert werden. Das Programm richtet sich an besonders qualifizierte Postdoktorand*innen zu Beginn ihrer Karriere, um jungen Wissenschaftler*innen die nötige Mobilität und thematische Weiterentwicklung zu ermöglichen.
Dr. Lina Herbst erforscht gemeinsam mit einem interdisziplinären Team aus Forscher*innen des MPIs für Menschheitsgeschichte und dem Institut für Anglistik/Amerikanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Integration horizontalen Sprachtransfers in die Modelle der Phylogenetik.
Die heutzutage weltweit 7000 verschiedenen gesprochenen Sprachen lassen sich über 200 Sprachfamilien zuordnen. Ihre evolutionäre Abstammung innerhalb einer Sprachfamilie kann in einem Sprachbaum, der sogenannten Phylogenie, anhand von sprachlichen Merkmalen festgehalten und untersucht werden. Jedoch werden nicht alle sprachlichen Merkmale vertikal „vererbt“, sie können auch durch Sprachkontakt horizontal erworben werden. Phylogenetische Netzwerke sind in der Lage, diese horizontalen Muster aufzugreifen und eine mögliche Sprachverwandtschaft zu veranschaulichen, sodass eine genauere Darstellung des evolutionären Prozesses möglich wird.
Das Projekt von Dr. Lina Herbst beschäftigt sich mit der Integration horizontaler Transfers in die Modelle der Phylogenetik. Auf der Grundlage eines Geburts- und Sterbeprozesses sollen horizontale Verbindungen mit einbezogen werden, sodass Informationen über vergangene Ereignisse (z.B. das Alter einer Sprachgruppe) mit in die Analyse eingehen können.
Dieser neue Ansatz wird durch Simulation und durch die Anwendung auf bereits untersuchte Sprachfamilien validiert und im Anschluss auf die polynesische Sprachfamilie, die mutmaßlich stark von Sprachtransfers betroffen ist, angewendet werden. Diese Technik könnte somit sowohl eine Rekonstruktion von Zeit und Ort sprachlichen Transfers in Polynesien bieten als auch als Grundlage für andere Forscher*innen im Bereich der Sprachevolutionsmodelle dienen.
Dr. Lina Herbst wird ihr Stipendium voraussichtlich zum Ende des Jahres beginnen.
Wir gratulieren ihr herzlich zum erfolgreich eingeworbenen Walter-Benjamin-Stipendium!