Arbeiten über Roman „Kruso“ und DDR-Gesundheitsprohylaxe mit Genderpreis geehrt

Genderpreis 2016 – Die Preisträger und die Jury
Genderpreis 2016 – Die Preisträger und die Jury

Nach Einschätzung der Jury ragen beide Arbeiten aus der Auswahl von fünf Bewerbungen heraus. Sie beeindrucken durch die wissenschaftlich fundierten und innovativen Ausführungen der Verfasserin sowie des Verfassers. Beide Arbeiten präsentieren neue Ergebnisse von hoher Relevanz und hoher wissenschaftliche Qualität und setzen sich intensiv mit der Genderthematik auseinander. 

Georg Brosche hat seine Masterarbeit der Germanistischen Literaturwissenschaft mit dem Titel „Narrative der Männlichkeit(en) in Lutz Seilers Roman Kruso“ eingereicht. In dem 2014 erschienen Gegenwartsroman erzählt Seiler von der Begegnung zweier Männer, die sich im Jahr des Zusammenbruchs der DDR der Welt entziehen und auf der Insel Hiddensee ihre eigene Freiheit leben wollen. Der Fokus der Untersuchung von Georg Brosche liegt dabei auf den narrativen, das heißt erzählerischen Männlichkeitskonstruktionen, die durch die beiden Hauptfiguren profiliert werden. Das DDR- und vor allem das Robinson-Narrativ im Roman werden als maßgebliche Männlichkeitsentwürfe präsentiert, dem als einziges weibliches Narrativ Viola gegenübersteht; Viola ist das Radio in der Gaststätte, in der sich die beiden Männer begegnen und durch dessen Rauschen die dramatische Politik jener Zeit klingt. Das Thema wird sowohl geschlechtertheoretisch und soziologisch als auch erzähl- und kulturtheoretisch aufgearbeitet. Die untersuchungsleitende These lautet, „dass Männlichkeiten in Gesellschaften in Form von Erzählungen gespeichert und vermittelt werden“. Die Abschlussarbeit wurde zweimal mit sehr gut bewertet.

Dr. Jenny Linek hat eine Promotionsarbeit in Neuerer Geschichte eingereicht; ihr Thema „Politik und Praxis der Prophylaxe in der DDR unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterperspektive“. In der DDR galt eine Egalität des Geschlechterbildes, und diese war somit auch in der Prophylaxe und Gesundheitsfürsorge zu erwarten. Jenny Linek untersuchte unter anderem sogenannte Ego-Dokumente, also Eingaben und Beschwerden von Privatpersonen, die beim Gesundheitsministerium der DDR oder dem Deutschen Hygiene-Museum eingereicht wurden. Frau Linek hat sich mit diesen DDR-spezifischen Archivquellen innovativ unter gendergeschichtlichem Blickwinkel auseinandergesetzt. Im Ergebnis stellt Dr. Linek fest, dass die für die Gesundheitspolitik verantwortlichen Leitungskader eine Ignoranz gegenüber präventiven Anliegen an den Tag legten und die Gesundheitserziehung insgesamt eher belächelt wurde, da sie an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei agierte. Es wird in der Arbeit gezeigt, dass ostdeutsche Frauen den ostdeutschen Männern in der Gesundheitsfürsorge beispielsweise in Bezug auf Zigaretten- und Alkoholkonsum sowie ungesunde Ernährung ähnlicher waren als den westdeutschen Frauen. Am Thema wird auch das Spannungsfeld zwischen männlicher Hegemonie und weiblicher Emanzipation aufgezeigt.
Die Arbeit wurde in beiden Gutachten mit der Note magna cum laude bewertet und ist inzwischen unter dem Titel Gesundheitsvorsorge in der DDR zwischen Propaganda und Praxis im Franz Steiner Verlag erschienen.

Der Genderpreis wird jährlich einmal von Rektorat und der Senatsgleichstellungskommission der Universität Greifswald vergeben. Eingereicht werden können aktuelle wissenschaftliche Abschlussarbeiten sowie Promotionsarbeiten aus allen Fakultäten der Universität Greifswald einschließlich der Universitätsmedizin.

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