Onboarding, Vereinbarkeit von Karriere und Familie, Profilbildung oder spezifische Erfahrungen von Frauen im Wissenschaftssystem - das sind einige der Schlagwörter, über die mehr als 50 Professorinnen, aktuelle und ehemalige Mentees, Mentoring-Kolleginnen und Interessierte im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald intensiv diskutierten.
Am 6. September 2021 hatten die Zentrale Gleichstellungsbeauftrage Ruth Terodde und die Programmverantwortlichen Angela Hoppe und Annette Ehmler von KarriereWegeMentoring der Universität Greifswald zum Gesprächsforum „100 Tage Professur“ mit Bildungsministerin Bettina Martin geladen.
Zu Beginn sprach Rektorin Prof. Dr. Katharina Riedel über ihre ersten 100 Tagen im Rektor*innenamt, ihre Freude an den meisten Aufgaben und von den Fortschritten ihrer Vorhaben in der Gleichstellung: Die Mentoring-Programme wurden auf solide Füße gestellt, der Familienservice wurde verstetigt.
Als Mentorin erster Stunde gibt sie jungen Wissenschaftlerinnen den Rat: „Wenn man sich mit ganzem Herzen für Wissenschaft und Lehre interessiert, dann soll man versuchen, das Ganze durchzuziehen, und nicht so schnell aufgeben. Flexibel bleiben und sich auch mal überraschen lassen von der Entwicklung des Karrierewegs.“
„Frisch eingetroffen“ - dazu diskutierten auf dem ersten Podium die Professorinnen Cornelia Linde, Helena Zacharias, Isabelle Dolezalek und Andrea Rau mit Ministerin Martin über die Herausforderungen, gut als Professorin einzusteigen. „Dabei hat mir der frühe Einstieg in das Mentoring-Programm zu Beginn meiner Juniorprofessur extrem geholfen“, berichtete Isabelle Dolezalek.
Die Professorinnen berichteten von guten, aber auch irritierenden Onboarding-Erfahrungen, angefangen von verwaltungstechnischen Herausforderungen bis hin zu einer mangelhaften Willkommenskultur. Aus dem Publikum entstand der Wunsch nach einem Onboarding-Leitfaden - eine Anregung, die in Kürze ebenso umgesetzt werden soll wie ein Buddy-Programm für Neuberufene.
Ministerin Martin ergänzte die Berichte der Professorinnen mit persönlichen Erfahrungen aus ihren ersten Tagen als Ministerin und warb für „Sponsoring“: „Frauen sollen bewusst gut übereinander im Netzwerk sprechen und auf diese Weise deren Sichtbarkeit fördern.“
„Mit Profil von Anfang an“ war Thema der zweiten Gesprächsrunde mit den Professorinnen Sabine Schlacke, Eva-Lotta Brakemeier, Ulrike Garscha und Adina Dreier-Wolfgramm. Beeindruckend war die Offenheit, mit der die Gesprächspartnerinnen über die Entwicklung ihres eigenen Profils, die Gestaltung einer Arbeitskultur oder über den Umgang mit etablierten Kollegen vor Ort berichteten. An der Reaktion des Publikums war deutlich zu erkennen, dass es sich dabei um allseits bekannte Rollenmuster handelt.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss laut Adina Dreier-Wolfgramm personalverantwortlich gestaltet werden, was nur mit offener Kommunikation und gemeinsamen Lösungen funktioniere. Den geringen Frauenanteil auf höheren wissenschaftlichen Karrierestufe sieht Ulrike Garscha als Fehler im System: „Im Pharmaziestudium studieren 80% Frauen im ersten Semester – 7 Professorinnen gibt es in ganz Deutschland in ihrem Fachbereich, davon haben wenige eine Familie. Das geht nicht!“ Mit ihren positiven Erfahrungen aus dem schwedischen Wissenschaftsbetrieb appelliert sie: „Wir müssen auch beim Thema Vereinbarkeit Vorbilder für junge Wissenschaftlerinnen sein, damit sie sehen, dass Wissenschaft auch mit Familie eine Option ist.“
Das sehr engagierte Publikum nutzte auch nach dem Ende des Forums diese selten gewordene „Live“-Begegnung mit der Ministerin, der Rektorin und den Kolleginnen zu intensiven Gesprächen – im schönen Klostergarten in der Spätsommerabendsonne.