Wider die sozialen Extreme: Georg Simmels pluralistische Gesellschaftsvision

Wir leben in Zeiten der Polarisierung und extreme Visionen bestimmen mehr und mehr die gesellschaftspolitischen Debatten. Während die neoliberale Zuspitzung des Kapitalismus einen extremen Individualismus normalisiert, führen die teils verheerenden Auswirkungen der globalen Marktwirtschaft zur Wiederkehr des Gespensts des Kommunismus. Mein Vortrag geht von der These aus, dass Georg Simmels soziale Theorie der Moderne einen interessanten Versuch darstellt, die Entgegensetzung von Individualismus und Sozialismus zu unterlaufen. Ich werde argumentieren, dass seine kritische Analyse der sozialen Effekte der Geldwirtschaft zwei Formen von Pluralismus nahelegt. Im Unterschied zu umfassenden Begriffen von Freiheit, erkennt Simmel erstens an, dass die Selbstverwirklichung des modernen Individuums die Pluralität kultureller Sphären zur Voraussetzung hat. Er entwickelt daher einen sozialen Pluralismus, der diesen Sphären unterschiedliche Kombinationen von Unabhängigkeit und Verpflichtung zuordnet. Zweitens lehnt Simmel die sozialen Extreme von Individualismus und Sozialismus explizit ab, weil diese seines Erachtens keine hinreichende Vermittlung von individueller Freiheit und sozialer Integration ermöglichen. Stattdessen findet sich in seiner Soziologie (1908) die Vision einer pluralistischen Ökonomie, in der demokratisch organisierte Kooperativen mit einer übergeordneten Marktwirtschaft verknüpft werden, um sowohl das Bedürfnis des Individuums nach Gemeinschaft als auch sein Streben nach Unterscheidung ausreichend zu befriedigen.

Zur Projektseite von Prof. Dr. Johannes Steizinger

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