Die biblische Geschichte vom Paradies und Sündenfall gewinnt in der Moderne grundlegend neue Bedeutung: Der Sündenfall wird als Ursprungs- und Entstehungsgeschichte der Menschheit interpretiert, die Vertreibung aus dem Paradies gilt als Sturz in die Zivilisation. Der Vortrag folgt der Gedankenfigur des „verlorenen Paradieses“, um 1800 haben es drei prominente Autoren an den Beginn und ins Zentrum ihres Werks gestellt: Friedrich Hölderlin, Heinrich von Kleist und Ernst Moritz Arndt. Sie entwickeln daraus höchst unterschiedliche Perspektiven, die bis heute das Nachdenken über Gesellschaft prägen und auf derzeit aktuelle Auseinandersetzungen um die Moderne vorausweisen.
Walter Erhart studierte und lehrte in Tübingen und Göttingen. Er war von 1997 bis 2007 Professor für Germanistik und Literaturtheorie an der Universität Greifswald. Seit 2007 ist er Professor für germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Er hatte zahlreiche Gastprofessuren in den USA inne. Von 2007 bis 2015 war er Mitglied des Fachkollegiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft, derzeit ist er stellvertretender Sprecher eines Sonderforschungsbereichs („Praktiken des Vergleichens“) sowie eines Graduiertenkollegs („Geschlecht als Erfahrung“). Seine Arbeitsgebiete umfassen die deutsche Literatur vom 18. bis zum 21. Jahrhundert, Literaturtheorie, Wissenschaftsgeschichte, Reiseliteratur und Gender Studies. Zu seinen jüngsten Publikationen zählen: Familienmänner. Über den modernen Ursprung literarischer Männlichkeit (2001). Wolfgang Koeppen. Das Scheitern moderner Literatur (2012). Neil Young (2015). (Hg.): Phantastik und Skepsis. Adelbert von Chamissos Lebens- und Schreibwelten (Chamisso-Studien I) (2016). Sich Selbst Vergleichen. Zur Relationalität autobiographischen Schreibens vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart (2020).
Moderation: Dr. Monika Schneikart
Veranstaltungsort: Aula, Domstraße 11