Dietrich Niethammer wurde im Jahr 1939 in Leipzig geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend zunächst in Sachsen, später in Hessen, wo er 1959 in Worms das Abitur ablegte. Nach dem Studium der Medizin in Tübingen, Wien und München absolvierte er in den frühen 1970er Jahren an der Universitätskinderklinik in Ulm seine Facharztausbildung, im Rahmen derer er sich auf die Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen bei Kindern spezialisierte. Im Jahr 1978 erhielt er den Ruf auf die Professur für Pädiatrische Hämatologie in Tübingen, 1986 übernahm er dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2005 die Professur für Kinderheilkunde und damit die Leitung der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Dietrich Niethammer war von 1990 bis 2003 Mitglied des Ausschusses Medizin des Wissenschaftsrates, ab 1998 hatte er den Vorsitz des Ausschusses inne. Zudem gehörte er der Ethikkommission der Bundesärztekammer an. Am 26. November 2004 verlieh ihm die Medizinische Fakultät der Universität Greifswald die Ehrendoktorwürde.
Als Mitglied und später Vorsitzender des Ausschusses Medizin des Wissenschaftsrates war Dietrich Niethammer einer der zentralen Akteure in der Entwicklung der Hochschulmedizin im wiedervereinigten Deutschland. Zwei Jahre nach der politischen Wende kam ihm in dieser Funktion die Aufgabe zu, die Medizinische Fakultät Greifswald für den Wissenschaftsrat zu begutachten. Wie er selbst später sagte, war man unsicher, ob das strukturschwache Land Mecklenburg-Vorpommern „die Lasten der beiden Universitäten auf Dauer würde schultern können“*. Dass dennoch die weitreichende Entscheidung getroffen wurde, alles Mögliche zu tun, um beide Ausbildungsstätten im Land zu erhalten, ist nicht zuletzt dem Einsatz Dietrich Niethammers zu verdanken. Mit der Etablierung der Community Medicine als Alleinstellungsmerkmal Greifswalds gelang es ihm und seiner Arbeitsgruppe, den Grundstein zu legen für eine positive und bis heute erfolgreiche Entwicklung unseres Standorts.
Als Professor für Kinderheilkunde in Tübingen leistete Dietrich Niethammer Bedeutendes auf dem Gebiet der pädiatrischen Hämatologie und Onkologie. Er war ein herausragender Wissenschaftler, der nahezu 400 Fachartikel publizierte und dem es gelang, seine im Labor erzielten Ergebnisse in der klinischen Versorgung umzusetzen. Im Jahr 1975, zwei Jahre vor seiner Habilitierung, führte er eine der ersten allogenen Knochenmarkstransplantationen in Deutschland durch – eine Behandlung, die heute zum Standard in der Behandlung der Leukämie geworden ist, seinerzeit aber eine Revolution darstellte.
Neben seinen wissenschaftlichen Erfolgen blieb Dietrich Niethammer auch, oder vor allen Dingen, ein fähiger und einfühlsamer Arzt. Sein Umgang mit den schwerkranken jungen Patientinnen und Patienten war geprägt von einer tiefen Menschlichkeit und einem außerordentlichen Verantwortungsgefühl, getreu seinem Leitsatz, dem mittelalterlichen Arztgelöbnis: „Die Aufgabe des Arztes ist es, manchmal zu heilen, häufig zu lindern und immer zu trösten.“ Er scheute nicht davor zurück, Zustände, die er als misslich empfand, entschieden anzugehen, auch wenn er dabei nicht immer auf Unterstützung stieß. So setzte er sich, entgegen der gängigen Praxis, zeitlebens für einen offenen und ehrlichen Umgang mit dem Tod von Kindern und Jugendlichen ein.
Die Universität Greifswald wird Professor Dietrich Niethammer ein ehrendes Andenken bewahren. Sein Einsatz um den Erhalt der Universitätsmedizin in Zeiten des politischen Umbruchs wird mit großer Dankbarkeit erinnert werden.
* Zitiert aus Greifswalder Universitätsreden, Ehrenpromotion Prof. Dr. Dietrich Niethammer, „Wenn Kinder und Jugendliche sterben müssen“, ISBN 3-86006-240-9
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