Das Erleben von Hass im Netz führt bei Betroffenen nachweislich zu körperlichen und psychischen Beschwerden, angefangen von Unwohlsein und Selbstwertverlust über Angst- und Stresserleben, bis hin zu Depression oder – im schlimmsten Fall – Suizidhandlungen. „Hass ist also nicht mehr nur eine Frage der Grenzen von Meinungsfreiheit, sondern auch eine Frage der öffentlichen Gesundheit und des Gesundheitsschutzes“, so Juniorprofessor Dr. Samuel Tomczyk, Leiter des Gutachtens.
Die Zahlen zeigten ebenso eindeutig, dass gesellschaftliche Minderheiten besonders gefährdet sind, Opfer von digitalem Hass zu werden. Die Forschenden empfehlen deshalb, einen größeren Fokus auf die Sichtbarkeit von Melde- und Beratungsstellen und Schutzmaßnahmen für Betroffene sowie eine engmaschigere Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden mit politischer Bildung, Pädagog*innen und Gesundheitsexpert*innen.
Das Gutachten nimmt nicht nur Personen in den Blick, die Hass im Netz ausüben oder erleben, sondern auch Beobachtende, die sich überwiegend zurückhalten oder sogar aus Online-Diskursen zurückziehen. Diese sogenannten „Bystander“ können die Folgen von Hass verstärken, indem sie Nachrichten und Desinformation verbreiteten oder auch nichts tun, verstummen oder sich aus dem öffentlichen Raum zurückziehen. Dagegen würde eine Stärkung von Medienkompetenz im Zusammenspiel mit Demokratieförderung positiv wirken, wie zum Beispiel im Konzept des Digital Citizenship.
Das Gutachten verdeutlicht, dass Hass im Netz nicht allein Problem einzelner Personen(gruppen) ist, sondern verweist auf gesetzliche Rahmenbedingungen, Betreibende sozialer Medien, Fragen des sozialen Miteinander und den Einfluss von sozialen Gruppen im nahen Umfeld als wichtige Einflussfaktoren. Es empfiehlt, in allen sozialen Gruppen mit Kindern, Jugendlichen, Peers, Eltern und in der Erwachsenenbildung Sozial- und Medienkompetenz in den Blick zu nehmen und Community-Management zu üben, um gemeinschaftlich Verantwortung in digitalen Räumen zu übernehmen. Dabei werden Moderationen und Regeln eingeübt, um sich für eine hassfreie Kommunikation im digitalen Raum stark zu machen.
Das Gutachten zeigt auf, dass im Land Niedersachsen bereits einige Schritte in diese Richtung unternommen worden sind, etwa durch die Einrichtung der ressortübergreifenden Fachgruppe „Digitale Gefahren“. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern könnte dies ebenfalls eine Anregung sein.
Das Gutachten zu digitalem Hass und digitaler Hetze sowie die offizielle Pressemitteilung des Ministeriums sind auf der Webseite des Niedersächsischen Justizministeriums frei verfügbar.
Weitere Informationen
Link zum Gutachten
Digital Health and Prevention
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Jun.-Prof. Samuel Tomczyk
Institut für Psychologie
Digital Health and Prevention
Robert-Blum-Straße 13, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 3806
samuel.tomczykuni-greifswaldde