Es ist allgemein bekannt, dass Vulkanausbrüche zu ungewöhnlichen optischen Dämmerungserscheinungen führen können, wie beispielsweise dem rötlichen Nachleuchten oder einem ausgeprägten Purpurlicht. Diese Effekte sind gut verstanden und lassen sich mit geeigneten Modellen simulieren. Auch Gemälde können qualitative Zeugnisse von Vulkanausbrüchen enthalten. So werden Gemälde von J. M. W. Turner mit der Eruption des Tambora 1815 in Verbindung gebracht oder die Aquarelle von William Ashcroft mit der Krakatoa-Eruption 1883. In einigen früheren Studien wurde zudem versucht, aus den Rot-Grün-Farbverhältnissen historischer Gemälde (darunter einige Gemälde von Caspar David Friedrich) quantitative Informationen über den atmosphärischen Gehalt an vulkanischen Aerosolen abzuleiten. Dabei wurde angenommen, dass das Rot-Grün-Verhältnis mit steigendem Aerosolgehalt ansteigt. Da Vulkanausbrüche eine der wichtigsten Ursachen für natürliche Klimavariationen auf Zeitskalen von einigen Jahren bis zu einem Jahrzehnt sind, könnten historische Gemälde demnach ein wichtiges Archiv für die Klimaforschung darstellen.
Die nun veröffentlichte interdisziplinäre Studie setzt sich kritisch mit diesem Ansatz auseinander und zeigt, dass es zahlreiche weitere Parameter gibt, die einen großen Einfluss auf die Farbverhältnisse des Abendhimmels haben und die im Allgemeinen für historische Gemälde nur schlecht bekannt oder unbekannt sind. Mithilfe von Strahlungstransfersimulationen wurde die Abhängigkeit der Farben des Abendhimmels von allen relevanten Parametern, wie beispielsweise dem Sonnenstand, der Blickrichtung, der Menge an stratosphärischem Ozon, sowie der Menge und den mikrophysikalischen Eigenschaften der vulkanischen Aerosole untersucht. Wie erwartet werden die Rot-Grün-Farbverhältnisse durch die Menge an Aerosolen beeinflusst. Allerdings werden die Farbverhältnisse auch von vielen anderen – für historische Eruptionen meist nur schlecht bekannte – Faktoren beeinflusst, so dass eine Bestimmung der Aerosolmengen in den meisten Fällen praktisch unmöglich ist. Dabei sind die Hauptprobleme die fehlende Kenntnis der Größe der Aerosolpartikel nach historischen Eruptionen sowie der genauen Position der Sonne. Die Dämmerungsfarben verändern sich mit veränderlichem Sonnenstand schnell. Jedoch können Gemälde niemals Momentaufnahmen sein und werden teilweise zu viel späterer Zeit und im Atelier erstellt. Darüber hinaus dürfen realistisch anmutende Darstellungen in Gemälden nicht mit der Realität gleichgesetzt werden. Auch die Veränderung der Farben über teilweise einige Jahrhunderte hinweg lässt sich im Allgemeinen nicht einfach rekonstruieren. Insgesamt ist die quantitative Bestimmung der Aerosolmengen aus Gemälden aufgrund der vielen Unsicherheiten im Allgemeinen nicht möglich.
Weitere Informationen
Die Studie wurde im Rahmen der DFG Forschungsgruppe VolImpact (Volcanic impact on atmosphere and climate, FOR 2820) durchgeführt, die vom Institut für Physik der Universität Greifswald koordiniert wird. An der Studie war ein interdisziplinäres Team an Forschenden beteiligt, zu dem unter anderem die Kunsthistorikerin Dr. Anne Hemkendreis (Universität Freiburg) gehörte, die von Oktober 2020 bis März 2021 Junior Fellow am Alfried Krupp Kolleg Greifswald war.
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