Begründung des Antrags auf Namensänderung
Vorgetragen in der Senatssitzung am 21.12.2016
In der seit Wochen nicht abebbenden Debatte um die Umbenennung der Universität werden auch immer wieder Mutmaßungen zum Antragsinhalt beziehungsweise seiner Begründung angestellt. Daher möchten wir zur Klarstellung die Antragsbegründung im Originaltext offenlegen. Damit möge sich jeder sein eigenes Urteil auf der Basis der Ausgangsunterlage bilden.
Sehr geehrte Mitglieder des hohen Senats,
"Die Universität Greifswald arbeitet für die Internationalisierung von Forschung und Lehre. Vor dem Hintergrund eines weltweiten Wettbewerbs um die klügsten Köpfe und begrenzte finanzielle Mittel begreift sie Internationalisierung gleichermaßen als Verpflichtung und als Chance. Die Universität fördert den Erwerb und den Ausbau internationaler Erfahrungen ihrer Mitglieder. Sie erbringt hohe Leistungen für die Integration ihrer ausländischen Studierenden." So steht es im 2012 beschlossenen Leitbild der Universität Greifswald.
In den vergangenen Jahren wurde mehrmals und stets emotional über die Beibehaltung bzw. Ablegung des Namenspatronats durch Ernst Moritz Arndt an unserer Alma Mater diskutiert und gestritten. Das Ergebnis der letzten Abstimmung sowie der vorangegangene Diskurs zeigten dabei jedoch mitnichten ein klares Votum für das Patronat, sondern viel mehr die tiefe Spaltung der Uniangehörigen zur Thematik selbst.
Denn gerade im Selbstverständnis einer Hochschule des 21. Jahrhunderts, die sich obendrein in einem Kampf um die besten Köpfe in Forschung und Lehre sieht, wirkt das Patronat mehr und mehr anachronistisch. Immerhin ergibt sich durch das Festhalten am Patron Arndt zumindest ein Spannungsverhältnis mit Blick auf die angestrebte verstärkte Anwerbung internationaler Studierender und Wissenschaftler*innen sowie der Selbstvermarktung als Ort einer fortschrittlichen Wissenschaft. Viele Dozierende und Mitarbeitende zeigen im alltäglichen universitären Leben schon heute, dass der ausformulierte Name für ihre Arbeit unwichtig geworden ist, indem sie diesen schlichtweg durch die Kurzform Universität Greifswald oder University of Greifswald ersetzen. Auf die gleiche Art und Weise geschieht dies auch häufig bei der offiziellen Außendarstellung der Alma Mater, in der wir uns ebenfalls gerne als Universität Greifswald präsentieren.
In der Umbenennung unserer Hochschule sehen wir daher ebenso eine Impulsmöglichkeit einer sich noch stärker international orientierenden Universität Greifswald.
Ein Namenspatron sollte identitätsstiftend oder ein großes Vorbild sein, was aber auch von der großen Mehrheit der Universitätsangehören eben genauso angesehen werden sollte. Dies ist an unserer Hochschule allerdings nicht der Fall. Egal, ob der Name aus politischen Idealen, aus Modernitätsgründen oder schlicht aus Unbekanntheit (somit also indirekt) abgelehnt wird. Es zeigt sich, dass für große Teile der Angehörigen der Universität Ernst Moritz Arndt nicht die Funktion besitzt, die ein Namenspatron erfüllen sollte. Wir meinen sogar, dass das Patronat in unserer heutigen pluralistischen Gesellschaft, in der die Individualität eines jeden einzelnen Menschen wertgeschätzt werden sollte, eben diesem Weltbild gegenübersteht.
Der wissenschaftliche Diskurs um die Person Arndt, sowie sein Werk und Wirken wurde bereits sehr umfänglich geführt, die Standpunkte wurden deutlich und begründet zum Ausdruck gebracht und Vollkommen unabhängig von einer Bewertung des Werkes Arndts kann ganz subjektiv festgestellt werden, dass die Nachteile – mögen sie auch noch so gering sein – überwiegen. Dabei bleibt zu bedenken, dass das Urteil bezüglich der Beibehaltung oder Ablegung des Patronats auf der Frage fußen sollte, wie sinnstiftend, wie modern und wie zweckmäßig ein Namensgeber im Jahre 2017 noch ist. Denn welchen Effekt hat ein Namenspatron, für den man stets einen "Beipackzettel" benötigt?
Dabei bleibt die Auseinandersetzung mit Arndt selbst und seinem Werk nicht nur für Universität, sondern gleichfalls für die Geschichte Greifswalds und ganz Vorpommerns bedeutsam. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Schließlich wird Ernst Moritz Arndt für immer Teil der Geschichte der Universität, der Stadt und des Landes bleiben. Die Universität will sich nicht von Ernst Moritz Arndt als Person trennen, sondern lediglich von seiner Rolle als Namenspatron der Universität. Der Vorwurf, Arndt aus der Geschichte tilgen zu wollen, ist somit unbegründet, weil dies schlichtweg nicht möglich ist.
Auch die Tradition an der Universität wird mit einer Umbenennung nicht mit Füßen getreten. Denn was ist traditionsreicher als der Name, den die Universität seit ihrer Gründung über Jahrhunderte hinweg bis zu ihrer Umbenennung 1933 innehatte?