Keep it or leave it? Kontinuität in der Hochschullehre
interStudies-Jahrestagung & Tag der Lehre am 5. November 2020 [ONLINE]
Wie lässt sich Kontinuität in der Hochschullehre erreichen? Diese Frage umfasst zwei Dimensionen: Einerseits, wie sich bei Lernenden Wissen längerfristig verankern lässt. Andererseits, wie aufgebaute Strukturen im Lehrbetrieb von Hochschulen kontinuierlich weitergeführt werden, auch wenn sich die Rahmenbedingungen dafür ändern oder ganz wegfallen. Im Dezember 2020 endet deutschlandweit die Förderung der durch den Qualitätspakt Lehre finanzierten Projekte , welche über mehrere Jahre hinweg zahlreiche Vorhaben einleiteten und erprobten. Wie geht es nun weiter? Wie können Hochschulen die Ergebnisse sichern und weiterverarbeiten?
Am 5. November 2020 haben wir zur Beantwortung dieser Fragen den Begriff der „Kontinuität“ aus mehreren Perspektiven betrachtet. Der erste Teil der Tagung nahm die strukturelle sowie funktionale Dimension von Kontinuität im Hochschulkontext in den Fokus: Wie lassen sich Drittmittelprojekte oder die darin erarbeiteten Strukturen verstetigen? Wer entscheidet über Kontinuität und welche Faktoren spielen hierbei eine Rolle? Welche Infrastrukturen innerhalb und außerhalb von Hochschulen sind für Kontinuität erforderlich?
Der zweite Teil der Tagung näherte sich dem Thema Kontinuität auf praktische Weise: Wie kann ich als Lehrende*r methodisch arbeiten, um die Lehre für Studierende nachhaltig zu gestalten? In mehreren Workshops wurden Möglichkeiten des aktivierenden Lernens mit seinen vielfältigen Formen als ein Weg zu Kontinuität in der Hochschullehre vorgestellt und diskutiert.
Bei der Postersession wurden ausgewählte Beispiele für Kontinuität in der Hochschullehre, aber auch Hindernisse bei deren Umsetzung präsentiert.
Workshops
I. Aktivierendes Lehren (Nadja Blüthmann, Univ. Hamburg)
Gute Hochschullehre sollte immer eine Form der Kooperation sein: Lehrende und Studierende sind gleichermaßen aktiv und verfolgen gemeinsam die Lehr- und Lernziele. Doch welche Möglichkeiten gibt es, die Studierenden aktiv in den Lernprozess einzubinden? In diesem Kurzworkshop erhalten Sie einen Überblick über verschiedene Methoden der aktivierenden Lehre und sammeln Ideen, wie Sie Ihre Lehre aktiver gestalten können.
Inhalte
- Didaktische Rahmenbedingungen für studentische Aktivität
- Methoden aktivierender Lehre: Problembasiertes und forschendes Lernen, Peer Instruction, Flipped Classroom
- Reflexion und Ideen für die aktivierende Gestaltung der eigenen Lehre
Nadia Blüthmann ist Literaturwissenschaftlerin (M.A.) und Hochschuldidaktikerin (MHEd). Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hamburger Körber-Stiftung begleitete sie mehrere Pilotprojekte zum forschenden Lernen an fünf Hamburger Hochschulen. Zurzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Arbeitsstelle Studium und Beruf der Universität Hamburg und gibt freiberuflich Seminare zu hochschuldidaktischen Themen. Nach über vierzig durchgeführten Lehrveranstaltungen hält sie die aktive Einbeziehung der Studierenden in Forschungsprozesse für ein Kernelement hochschulischer Bildung.
II. Interkulturelle Lehr- und Lernstile (Dr. Nadine Binder, interCultur)
Wie prägt Kultur unsere Wahrnehmung, Erwartungen, Präferenzen und Lehrstil? Und wie prägt Kultur die Wahrnehmung und Erwartungshaltungen der Studierenden? Diesen Fragen wollen wir in diesem interaktiven Kompakt-Workshop nachgehen. Anhand von Modellen, Fallbeispielen und kleinen interaktiven Übungen beschäftigen wir uns mit kulturellen Besonderheiten im Umgang mit Zeit, Regeln und Hierarchie sowie mit verschiedenen Kommunikationsstilen. Ziel des Workshops ist es, die Teilnehmenden für den Umgang mit kultureller Vielfalt in der Lehre zu sensibilisieren und somit eine kultursensible Lehre zu fördern.
III. Lernportfolios (Dr. Margitta Kuty, Univ. Greifswald)
Das Wort 'Portfolio' versprüht den Charme einer sauren Zitrone! Viele Dozierende verbinden damit 'schwammiges Herumreflektieren' oder 'viel unnötigen Text, den man auch noch lesen muss'. In unserem Workshop wollen wir gemeinsam der Frage nachgehen, was unter einem Portfolio zu verstehen ist, welche Arten von Portfolios es gibt und wie man sie sinnvoll (für Studierende und Dozierende) in ein Lernsetting einbinden kann.
IV. Selbstgesteuertes Lernen (Nadja Blüthmann, Univ. Hamburg)
Über den Erfolg Ihrer Lehrveranstaltungen wird maßgeblich an einem Ort entschieden: am Schreibtisch der Studierenden. Wenn diese den Stoff eigenständig vor- und nachbereiten und die semesterbegleitenden Aufgaben gewissenhaft erfüllen. Für viele Studierende stellt dies allerdings eine große Herausforderung dar. Doch wo genau liegen eigentlich die Probleme beim selbstgesteuerten Lernen? Dieser Frage werden wir gemeinsam nachgehen und Strategien erarbeiten, wie Sie die Studierenden bei ihrer Selbstorganisationunterstützen können.
Inhalte
- Reflexion des Workloads: Was sollten Studierende für meine Veranstaltungen leisten?
- Zentrale Herausforderungen beim selbstgesteuerten Lernen: Zeitmanagement und Lerntechniken, Konzentration und Motivation
- Strategien zur Förderung der Selbstorganisation der Studierenden
Nadia Blüthmann ist Literaturwissenschaftlerin (M.A.) und Hochschuldidaktikerin (MHEd). Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hamburger Körber-Stiftung begleitete sie mehrere Pilotprojekte zum forschenden Lernen an fünf Hamburger Hochschulen. Zurzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Arbeitsstelle Studium und Beruf der Universität Hamburg und gibt freiberuflich Seminare zu hochschuldidaktischen Themen. Nach über vierzig durchgeführten Lehrveranstaltungen hält sie die aktive Einbeziehung der Studierenden in Forschungsprozesse für ein Kernelement hochschulischer Bildung.
V. Digitale Unterstützung Forschenden Lernens (Dr. Jana Kiesendahl, Univ. Greifswald)
Forschendes Lernen rückt als hochschuldidaktisches Format mehr und mehr in den Fokus von hochschulischer Lehre. Studierende arbeiten in konkreten Projekten und wenden so theoretische Lerninhalte an authentischen Forschungsdaten an, um so zu einer tiefen Verarbeitung des Wissens zu gelangen.
Bei der Bearbeitung der Forschungsprojekte können digitale Tools Arbeitsprozesse erleichtern sowie die Erhebung von Forschungsdaten unterstützen. Sie dienen also einerseits der Organisation einzelner Forschungsphasen als auch der Umsetzung innerhalb einzelner Arbeitsschritte. Welche digitalen Werkzeuge ermöglichen die kollaborative Bearbeitung von Forschungsprojekten? Mit welchen Tools lassen sich digital Daten erheben? Wie können studentische Forschungsprojekte digital umgesetzt und bereitgestellt werden?
In dem Workshop werden kursorisch verschiedene digitale Tools vorgestellt und anhand eines konkreten Lehrkonzepts das digital gestützte forschende Lernen diskutiert, um davon ausgehend Impulse für die eigenen Lehrpraxis zu erhalten.
VI. Best-Practice-Beispiele zur nachhaltigen Dokumentation bewährter Lehr-Lernpraxis (Mareike Bartels, Univ. Hamburg)
Viele Lehrende erarbeiten beachtliche Veranstaltungskonzepte oder entwickeln bestimmte Kniffe zur Lösung von Problemen im Lehralltag.
Austausch über solche bewährten Maßnahmen und Formate aus der Praxis findet - wenn überhaupt - oft nur „one to one“ statt. Falls eine Dokumentation erfolgt, so oftmals nicht nach einheitlichen Kriterien, was die Übersichtlichkeit, folglich die Rezeption und den kollegialen Austausch über lokale Grenzen hinweg schwierig macht.
- Wie kann man bewährte Lehr-Lernpraxis sichtbarer machen?
- Wer profitiert von welchem Beschreibungsformat?
- Welche digitalen Technologien bieten sich für den Wissenstransfer an?
In diesem Workshop wird eine digitale Infrastruktur vorgestellt, die zur einfachen Erfassung und Veröffentlichung bewährter Lehr-Lernpraxis dient und von Lehrenden aller Hochschulen (als Leser_innen oder
Autor_innen) genutzt werden kann. Die Open-Source-Software wird seit Abschluss des initialen Entwicklungsprojekts OPTion auch verwendet, um die Ergebnisse BMBF-geförderter Lehrprojekte der Universität Hamburg anderen Lehrenden zugänglich und damit nachhaltig zu machen.
Mareike Bartels (M.A.-Soziologin) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen (HUL) und Universitätskolleg (UK) der Universität Hamburg. Seit 2018 arbeitete sie in den hochschuldidaktischen Forschungsprojekten OPTion und
FideS und ist seit 2020 mit dem Transfer der Ergebnisse geförderter Lehrprojekte des UK-Lehrlabors betraut.