Florin Schneider

Studium in Greifswald
Psychologie B.Sc. 

Zeitraum
09/2024 bis 12/2024

Aktivität im Ausland
Psychologie B.Sc. an der Université de Picardie Jules Verne in Amiens, Frankreich

Wieso ich ins Ausland gegangen bin?
"Inspiriert von einem sonnigen Tag im Strandbad Eldena wollte ich an die traumhaften Strände Australiens umsiedeln. In fremde Kulturen eintauchen wie ins Meer, durch das brillante Kursangebot der Universität schwimmen und dabei spielerisch mein Englisch verbessern... Ein Traum, der bald Wirklichkeit werden sollte."


Was ich in Frankreich erlebte, ist unglaublich...

Ich war noch hungrig. Mein Auslandssemester in Australien neigte sich dem Ende und ich befand mich in einem Rausch von Internationalität, Freiheit und Neugier. Ein kleiner Text, eine schnelle E‑Mail und schon landete ich im Bewerberpool für ein weiteres Auslandssemester, diesmal mit dem Erasmus-Programm.

Für Frankreich entschied ich mich aus zwei Gründen: Zum einen musste ich wegen einer speziellen BAföG-Regelung für mein zweites Auslandssemester in Europa bleiben. Zum anderen gab es in im Fachbereich der Psychologie kaum Partner-Unis, so dass mir nichts anderes übrigblieb, als auf Französisch zu studieren. Challenge accepted!

Ich installierte mir also Duolingo und füllte diverse französische Formulare und Dokumente aus. Denn Englisch wurde von der französischen Uni weder verstanden noch toleriert. Das Hin- und Herschicken von digitalem Papierkram hat nicht gerade Spaß gemacht, lohnte sich aber mit Blick auf die gewonnene Zeit im Ausland definitiv. Da es nicht mein erstes Auslandssemester war, hatte ich vor lediglich Angst vor der Ungewissheit, was mich vor Ort erwartet.

In Frankreich angekommen, spielten sich gerade die letzten warmen Herbsttage ab. Amiens ist etwa doppelt so groß wie Greifswald und liegt eine Stunde nördlich von Paris entfernt. Ich bezog meinen Platz im Studentenwohnheim in einem neun Quadratmeter kleinen Zimmer mit Schrankbett und einer Toilette, die sich zur Hälfte in einer Dusche befand. Das Wohnheim war etwas abgelegen vom Stadtzentrum, dafür waren Mensa und Psychologie-Campus gleich um die Ecke.

Meine erste Überraschung war, dass es keine Ersti-Woche gab. Genauer gesagt gab es nichts; nur ein allgemeiner Willkommenstag der Uni war zwei Wochen später angesetzt und die lokale Erasmus-Initiative ließ nichts von sich hören. Außerdem sollte in der nächsten Woche irgendein Vorkurs starten, doch das war noch 7 Tage hin. Die Verständigung mit den Locals war kaum möglich, denn meine Französischkenntnisse waren ebenso katastrophal wie deren Englischkenntnisse. Verwirrung und hilflose Blicke waren die Folge. Tja, und jetzt? Da saß ich aufgeschmissen in meinem 9 m2-Zimmer und fragte mich, warum ich doch noch mal hierhergekommen bin.

Glücklicherweise waren bei einer Willkommens-Mail der französischen Uni die Mail-Adressen der knapp 100 anderen Erasmus-Studierenden einsehbar. Kurzerhand lud ich alle in eine WhatsApp-Gruppe ein und es fühlte sich fast schon magisch an, wie unsere Gruppe innerhalb weniger Stunden auf über 40 Leute anwuchs. Wir verabredeten uns und es begann eine Zeit, in der ich neben dem Studium mit anderen Internationals viel gemeinsame Zeit in Bars, Cafés, Parks und Clubs verbrachte. Ich knüpfte Freundschaften, verbesserte mein Englisch und baute mein kulturelles Verständnis weiter aus. Außerdem etablierten wir einen Stammtisch und planten schnell die ersten Wochenend-Trips.

Nach und nach begannen die Uni-Kurse in französischer Sprache. Glücklicherweise hilft die Uni den Erasmus-Studis sehr dabei, ihre 15 ECTS zu schaffen. Anrechenbare Sprachkurse geben schon mal 8 ECTS, außerdem liegt bei den facheigenen Kursen die Grenze zum Bestehen bei 30 statt 50 %.
Die Sprachkurse hatte ich bitter nötig. Für die restlichen 7 ECTS nahm ich den Kurs „Englisch für Psychologen“ sowie Statistik-Modulen aus verschiedenen Semestern, um die Sprachbarriere möglichst niedrig zu halten. In Deutschland anrechnen lassen konnte ich mir davon nichts. Dies ist aus finanzieller Hinsicht auch kein Problem: Auslands-BAföG und Erasmus sind Zuschüsse speziell für Auslandssemester, welche die Kosten größtenteils abdecken und solch einen Aufenthalt ermöglichen.

Etwa die Hälfte meiner freien Zeit lässt sich wie folgt zusammenfassen: Paris, London, Amsterdam, Brüssel, Brügge, Gent, Straßburg, Saint-Malo, Lille, Nantes, Bonn und Compiègne. Das alles in weniger als vier Monaten ist verrückt, wir waren fast jedes Wochenende unterwegs. Tolle Reiseerlebnisse sind nur eine von vielen Türen, die ein Auslandssemester öffnen kann. Ich empfehle wärmstens, diese Chance zu nutzen, um mal etwas mehr von der Welt zu sehen.

Aber auch in Amiens war viel los. Im benachbarten Wohnheim gab es einen Aufenthaltsraum mit Klavier, Tischkicker und Tischtennis. Wir trafen uns häufig dort und Tischkicker wurde zu viel mehr als nur einem gemeinsamen Hobby, es war unsere Passion und interne Kultur. Kurz vor Abreise organsierten wir sogar eine Erasmus-Weltmeisterschaft, um die endgültigen Sieger zu küren. Meine Teampartnerin und ich schieden leider mit einer bitteren Niederlage im Halbfinale aus, andererseits wäre es im Finale auch nicht leichter geworden …

Der Winter kam und im Wohnheim wurde es bald so kalt, dass ich an manchen Tagen meine Winterjacke tragen musste. Aus Kostengründen ließ sich die Heizung nämlich nicht hochregeln. Auf der Sonnenseite des Gebäudes soll es aber etwas besser gewesen sein – immerhin. Die Küchen zu benutzen war eine Zumutung, denn es gab kein Geschirr, sogar Müllsäcke waren verboten. Bettzeug gab es auch nicht, außerdem musste man eine extra Hausratversicherung abschließen. Und es wurde in einem benachbarten Wohnheim mal eine Ratte gesichtet. Dafür gab es auch mal einen Überraschungs-Rave zum Mittagessen in der Mensa.

Zur Mensa führte ich eine sehr zwiegespaltene Beziehung. Zum einen war ich dankbar für warme Mahlzeiten jeden Mittag und Abend unter der Woche, zum anderen waren insbesondere die vegetarischen Optionen höchst eintönig und es gab meistens keine Soße. Spontane Streiks kamen auch hin und wieder vor, dann mussten wir zum benachbarten Burger King in der Nähe ausweichen. Auch Busse und Bahn streikten manchmal oder drohten damit, was an einigen Tagen ganz schönes Chaos verursachte.

Das Ende sowie der damit einhergehende letzte Stammtisch kam, wie bei diesem Bericht, viel zu plötzlich. Es wurde emotional und wir planten erste Besuche. Jetzt mache ich noch ein Inlands-Jahr in Greifswald und dann geht es hoffentlich in die Türkei zum dritten Auslandssemester im Bachelor, beworben habe ich mich schon ?.


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