Haben Landpflanzen das Massensterben im Devon ausgelöst? Tiefseesedimente belegen den Sauerstoffverlust in Küstengewässern und dessen Ausbreitung auf die Ozeane

Forschung

Als eigentliche Verursacher der Kellwasser-Krise werden die Landpflanzen verdächtigt, die zu dieser Zeit die Landmassen eroberten. Sie entwickelten im späten Devon erstmals tiefe Wurzelsysteme und holzige Gewebe. Damit besiedelten sie das Festland weiträumig, setzten die Bodenbildung in Gang und beschleunigten die Verwitterungsprozesse. Als Folge wurden die küstennahen Meere mit Nährstoffen und verrottender Biomasse geflutet. Die Eutrophierung führte zu mehr Algenwachstum, was in der Folge den Sauerstoffverbrauch erhöhte. Es bildeten sich weiträumig sauerstofffreie Schelfwässer und Faulschlämme. Weder zum Verrotten des organischen Materials noch zum Atmen der Unterwasserorganismen gab es ausreichend Sauerstoff.

Die in der Studie vorgelegten paläoozeanographischen Schlussfolgerungen wurden möglich durch die Analyse eines marinen Sedimentationssystems (Konturit-Ablagerungssystem) in devonischen Abfolgen des östlichen Antiatlas von Marokko. Die Abfolge karbonatischer Sedimente (Cephalopoden-Kalke) wurde durch tiefmarine Bodenströmungen angehäuft. Sie dokumentiert die Bildung großräumiger Erosionsflächen und die anschließende Ablagerung bioklastischer Faulschlämme durch eine wiederholte Ausbreitung sauerstofffreier Wassermassen während des späten Devon, was schließlich in der Kellwasser-Krise (Frasnium-Famennium-Aussterbeereignis) kulminierte.

Der kartierte Verlauf einer Strömungsrinne (Konturit-Kanal) und der Aufbau einer zugehörigen Sedimentablagerung (Konturit-Drift) deuten auf nordwestlich gerichtete Bodenströmungen hin. Diese Strömungen wurden durch wiederholte Überläufe (Overflows) von dichtem, stark salzhaltigem und sauerstofffreiem Wasser aus dem Epikontinentalmeer von Gondwana angetrieben. Diese periodischen Überläufe stürzten den Kontinentalabhang hinab und wurden durch die Corioliskraft westwärts abgelenkt, bis sie sich als Zwischenwasser im Ozean ausbreiteten. Das kaskadenartige Herabfließen von dichtem, sauerstofffreiem Schelfwasser bestätigt das für die Kellwasser-Krise und andere devonische anoxische Ereignisse vorgeschlagene Modell der Eutrophierung der photischen Flachwasserzone durch Nährstoffeintrag vom Festland (Top-down Modell). „Wir können eine direkte zeitliche Korrelation zwischen den anoxischen Überläufen und den devonischen Evolutionsereignissen nachweisen, aus der wir einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang ableiten“, fasst Geologe Arwed Gibb von der Universität Greifswald zusammen, der an der Publikation federführend beteiligt ist und mit dem Thema promovieren wird.

Die Studie wurde maßgeblich durch die Arbeitsgruppe Sedimentologie von Prof. Heiko Hüneke am Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald in enger Kooperation mit Paläontologen der Universität Münster sowie Kollegen der Universität Casablanca und der Akademie der Wissenschaften in Marokko durchgeführt.

Weitere Informationen

Studie: Gibb, M.A., Hüneke, H., Jadhav, J, Gibb, L.M., Mehlhorn, P., Mayer, O., Aboussalam, Z.S., Becker, R.T., El Hassani, A., Baidder, L., 2024, Contourite-drift archive links Late Devonian bioevents with periodic anoxic shelf water cascading: Geology, 52 (11): 807-812 https://doi.org/10.1130/G52117.1

Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald / Arbeitsgruppe Semimentologie
Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald / Projektbeschreibung
DFG-Forschungsprojekt “Devonian contourites in oceanic passageways between Gondwana and Laurussia”


Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Heiko Hüneke
Sedimentologie / Institut für Geographie und Geologie
Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße 17 A, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 4567
huenekeuni-greifswaldde

 

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