Die studierte Landschaftsökologin und Leiterin des 2015 gegründeten Greifswald Moor Centrums, Dr. Franziska Tanneberger, ist heute eine von über 100 Forschenden und weiteren Menschen umgeben, die sich weltweit, aber auch regional für den Moorschutz einsetzen. Sie arbeiten zu unterschiedlichsten Aspekten von Mooren; von A wie Agrarpolitik bis Z wie Zertifikatshandel.
„Dr. Franziska Tanneberger hat mit ihrem außergewöhnlichen Engagement und ihrer wissenschaftlichen Exzellenz das Greifswalder Moorzentrum zu einer international anerkannten Institution entwickelt. Ihr unermüdlicher Einsatz für den Schutz der Moore und ihre Fähigkeit, komplexe Umweltthemen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, haben nicht nur die wissenschaftliche Welt, sondern auch die Gesellschaft nachhaltig inspiriert“, so Prof. Dr. Katharina Riedel, Rektorin der Universität Greifswald.
Die Preisverleihung in Mainz am 27. Oktober sowie das Symposium am 26. Oktober werden als Livestream auf dem YouTube-Kanal der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) übertragen. Die Stiftung vergibt die Auszeichnung in diesem Jahr an die Moorexpertin Dr. Franziska Tanneberger aus Greifswald und den Elektrotechnik-Ingenieur Thomas Speidel aus Nürtingen bei Stuttgart.
Moorforschung seit 1824
Begonnen hat die Moorforschung in Greifswald im Jahr 1824, als der in Frankreich geborene Naturforscher Adelbert von Chamisso ein Moor bei der Saline nördlich von Greifswald nahe der Dänischen Wiek beschrieb.
Im 19. und bis ins 20. Jahrhundert erforschten vor allem Botaniker und Geologen die Vegetations- und Landschaftsgeschichte in Mooren. Christian Friedrich Hornschuch, außerordentlicher Professor für Naturgeschichte und Botanik an der Universität Greifswald, beschrieb 1837 unter anderem das Große Kieshofer Moor vor den Toren der Hansestadt Greifswald. Er zeigte bereits damals, welch hohem Nutzungsdruck die Moore in der waldarmen Landschaften Vorpommerns durch die Brenntorfgewinnung ausgesetzt waren.
In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ermöglichte die sich neu entwickelnde Pflanzensoziologie ein systematisches Kartieren von Mooren. Durch die aufkommende Pollenanalyse ließen sich Moore als Archive der Erdgeschichte lesen. Kurd von Bülow nutzte die Methode als einer der ersten Forscher in Mitteleuropa für seine Promotion. Ab 1929 legte er ein Handbuch der Moorkunde vor. Das epochale, auf zehn Bände angelegte Buch-Projekt blieb allerdings unvollendet.
Als eine der wichtigsten Grundlagen für die Moorforschung gelten die Arbeiten des Botanikers Werner Rothmaler, der das Institut für Agrarbiologie an der Universität Greifswald von 1953 bis 1962 leitete. Bis 1992 sind es seine Mitarbeiter und Schüler, die in Greifswald vegetationskundliche und paläoökologische Studien erarbeiten. Zu ihnen gehört auch der 1992 berufene Prof. Michael Succow, ebenfalls Träger der Deutschen Umweltpreises sowie des Alternativen Nobelpreises. Er erweiterte die traditionelle Botanik um den landschaftsökologischen Aspekt, insbesondere mit Blick auf Moore. Hervorzuheben ist Succows Charakterisierung der hydrogenetischen Moortypen. Succow bewegte 1995 den international renommierten niederländischen Moorwissenschaftler und Naturschützer Hans Joosten dazu, nach Greifswald zu kommen. Seit 2008 besetzte dieser die außerplanmäßige Professur für Moorkunde und Paläoökologie an der Universität Greifswald. In den Medien wird er – ebenfalls Träger des Umweltpreises - als „Moorpapst“ bezeichnet. Beide Moorforscher prägten das wissenschaftliche Interesse von Dr. Franziska Tanneberger an Mooren. Seit 2023 stärkt ein neu eingerichteter Lehrstuhl, besetzt durch Prof. Dr. Gerald Jurasinski, die Moorforschung an der Universität.
Moorforschung und Klima
Greifswalder Moorkundler*innen erforschen und quantifizieren etwas seit der Jahrtausendwende die Freisetzung von Treibhausgasen in Form der Gas-Emissions-Standort-Typen (GESTs). Damit können die Emissionen durch die vorhandene Vegetation auf großen Flächen abgeschätzt werden. Entwässerte Moore setzen auf nur 0,3 Prozent der weltweiten Landfläche mit zwei Gigatonnen jährlich fünf Prozent der weltweiten anthropogenen Kohlendioxid-Emissionen frei. Damit sind Moore Hotspots der Klimakrise. Die Greifswalder Forschung zur Klimawirkung entwässerter, wiedervernässter und intakter Moore von lokal bis weltweit gingen unter anderem in die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ein.
Hans Joosten prägte zudem den Begriff der Paludikultur (lat. ‚palus‘ Sumpf und ‚cultura‘ Landwirtschaft). Es ist die Idee einer klimafreundlichen nassen Bewirtschaftung wiedervernässter Moorflächen. Ein weiterer Fokus der Greifswalder Forschungen ist auch die Biodiversität in Mooren. Entwässerung und Nutzung haben die Bedingungen für moortypische Arten geändert. Viele sind heute gefährdet. Forschungsergebnisse zeigen, dass Wiedervernässung die moortypische Artenvielfalt fördert, auch wenn dies den ursprünglichen intakten Zustand eines Moores nicht wiederherstellt.
Um Forschung effektiv mit der Umsetzung von Moor- und Klimaschutz verbinden zu können, schlossen sich die Universität Greifswald, die Michael Succow Stiftung und DUENE e.V. 2015 im Greifswald Moor Centrum (GMC) zusammen. Dieses versteht sich als Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis, lokal und weltweit.
Eine wichtige Säule des GMC ist die Moorbibliothek, eine mehr als 25.000 Publikationen umfassende, Spezialsammlung zu den Themen Moorkunde und Naturschutz. Das GMC betreut zudem zwei Datenbanken: die „Global Peatland Database“ (GPD) über Verbreitung und Zustand der Moore weltweit sowie die „Database of potential paludiculture plants“ (DPPP) über Nutzpflanzen, die im Nassen wachsen können und somit potentiell für Paludikultur geeignet sind.
Weitere Informationen
Deutscher Umweltpreis 2024
Greifswald Moor Centrum
Artikel „200 Jahre Moorforschung“
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